Donnerstag, 20. Januar 2011

mit perwoll gewaschen.

brigitte_ausgabe 03/2011, bilderstrecken kirschblütenfest und ornamente  (bilder brigitte)

eines gleich vorweg: das einjahresjubiläum von ohne models in der brigitte macht wenig anders als in den letzten 12 monaten, nur die ankündigung am cover, 50 seiten neue mode - gezeigt von migrantinnen lässt aufhorchen. wie bitte, nun reichen also nicht mehr nur die  lehrerinnen, polizistinnen und hebammen, es soll wohl ein bemüht politisches heft -ganz im brigitte-stil- aufgefahren werden. im editorial schreibt die redaktion, man bedanke sich bei den 50 seiten-neue mode-models: Sie haben ihre Wurzeln in anderen Ländern, doch sie leben in unserer Mitte. Sie gehören hierher. das klingt alles so perwoll-wohlfühlig, dass dagegen natürlich wenig zu sagen ist. zu schade nur, dass die mit dem label "mit migrationshintergrund" versehenen modelle überhaupt mit einem solchen versehen werden müssen und zu einem grossen teil klischeehaft inszeniert werden: vo thi tuyet tu, mitarbeiterin eines nagelstudios, kam laut kurzbiografie vor 10 jahren aus vietnam nach hamburg und darf in der brigitte unter dem titel kirschblütenfest die neue mode im asia-stil vorführen. und das, obwohl es in vietnam meines wissens kein kirschblütenfest gibt. aber vielleicht besteht darin eben die besonders subersive strategie des frauenmagazins? im begleittext wird vom japanischen kirschbaum fabuliert, während die in vietnam geborene, in hamburg nageldesignende 30jährige im Kimono aus weißem Seidensamt in einem deutschen Frauenmagazin den Asien-Stil bebildern darf. ähnlich und doch ganz anders wird bimini lindemann-carter, Psychologie-Studentin von den Bahamas inszeniert. sie darf in ornamenten und turbanen, inspiriert vom Sehnsuchtsort Marrakesch modeln. und die beiden in norddeutschland hängengebliebenen schwedinnen hanna und mimmi? die geben in Lass uns einen Garten haben das naturverbundene doppelte lottchen in blümchenkleidern und gummistiefeln. und ich habe nach mehrmaligem durchblättern den schweren verdacht, dass das magazin vor lauter bemühter perwollkuscheligkeit und anvisierter benettonbuntheit gar nicht mitbekommt, dass da stereotype produziert werden, die uns viel mehr über die brigitte  verraten, als uns lieb ist.     

7 Kommentare:

Ninia LaGrande hat gesagt…

Tja, wirklich schade. Es wäre wohl zu crazy gewesen, zum Beispiel die Schwedinnen in den Kimono zu stecken... ;)

Tandlerin hat gesagt…

Mich hat ja schon der Satz auf´m Cover etwas ähnlich plattes erwarten lassen. Aber ganz so schlimm hab ich´s nicht kommen sehen.

saigon hat gesagt…

sehr interessante kritik.
die migrantinnen werden uberhaupt nicht im bezug auf ihre aktuelle lage gezeight, sondern wird ihre Vergangenheit herangezogen.

Laura hat gesagt…

Ich frage mich ob diese Idee wirklich durchdacht worden ist, ehe sie in die Realisierung ging.
Ehrlich gesagt nervt mich dieses bewusste Image-Marketing der Brigitte sowieso unheimlich. Zwar mögen die dort abgelichteten Frauen keine Models mehr sein, aber im Prinzip wird doch weiterhin strengstens darauf geachtet, dass die Kleidergröße eine 38 nicht übersteigt. Zudem wird in meinen Augen deutlich auf konventionelle Schönheitsmerkmale geachtet. Sicher ist das bis zu einem gewissen Grad eine Notwendigkeit, aber ich hatte gehofft, dass man mit dem groß angepriesenen Wandel vor knapp einem Jahr auch mal Charaktertypen eine Plattformen finden würden.
Mein Fazit zur Brigitte: Mehr Schein als Sein!

Mia hat gesagt…

wenn sie wirklich "in unserer mitte" leben würde, hätte die brigitte nicht nötig sie als migrantinnen zu labeln.

blica hat gesagt…

@ninia lagrande, jep, so ungefähr;)
@laura, die grundsatzdiskussion zur ohne-models-geschichte habe ich bewusst aussen vor gelassen, dazu habe ich schon zu oft meinen senf abgelassen;)
@mia, richtig. anlass wird wohl die sarrazindebatte gewesen sein...

Anonym hat gesagt…

Interessanter Artikel. Und, da mir zufälligerweise heute die entsprechende Brigitte in die Hände fiel, stimme ich in allen Punkten zu. Ich bin auf diese Seite übrigens über den Blog einer "Immigrantin" gekommen: www.currentsbetweenshores.blogspot.com/
Wie häufig in Deutschland Menschen anderer Herkunft und Aussehen immer noch über den Kamm alt tradierter Vorurteile geschoren werden kann man hier immer wieder nachlesen. In diesem Sinne Empfehlenswert und auch im Hinblick auf die Schwierigkeiten sich selbst bei bester Absicht in dieses Land zu integrieren ist auch das Buch der Blogautorin "Buschgirl - wie ich unter die deutschen geriet".

Blog-Archiv

UA-36378747-1