Mittwoch, 31. März 2010

almerisa und jane.


zwei knapp volljährige junge frauen: rineke dijkstra, almerisa, 2005 (bild rineke dijkstra)/ bloggerin jane aldridge von sea of shoes, märz 2010. (detail bild)

dieser vergleich ist zugegebenermassen äpfel mit birnen vergleichen: auf der einen seite sehen wir almerisa, deren nachnamen ich noch nicht einmal kenne, die jedoch für eine der langzeitstudien der fotografin rineke dijkstra seit 1994 in regelmässigen abständen im holländischen leidschendam modell sitzt, auf der anderen die promibloggerin jane aldridge, die gerade aktuell ihren ausflug ins abgelegene kunstmekka marfa dokumentiert hat. da prallen welten aufeinander, lag es mir soeben auf den lippen, doch wenn man es genau nimmt, prallen die gar nicht aufeinander, sondern existieren vielmehr unwissend um die jeweils andere nebeneinander her. warum ich also auf die einigermassen absurde idee komme, die beiden mädchenportraits miteinander in verbindung zu setzen? gerade heute bin ich hier über ein zitat von jane aldridge gestolpert, das von grossem selbstbewusstsein zu zeugen scheint: Ich bin nicht sicher, ob ein normales Leben etwas für mich wäre. hinzuzufügen wäre dem wahrscheinlich, dass es jane mittels elternhaus und fleissiger bloggerei und gesegnet mit vielen aussergewöhnlichen klamotten und einem hübschen äusseren zu einem abwechslungsreichen leben zwischen teen vogue und marfa gebracht hat. das andere mädchen, zum zeitpunkt des portraits 17 jahre alt, wurde von rijneke dijkstra 1994 als sechsjährige erstmals im asylbewerberheim im holländischen leiden fotografiert. was sie über sich erzählen würde, weiss ich nicht, doch die fotografin meint über sie: Almerisa, aus ärmlichen, postkommunistischen Umständen kommend, passt sich langsam der westeuropäischen Kultur an. schade, dass ich nicht weiss, was das über ihre optische veränderung hinaus bedeutet und wie die portraitierte das selbst so sieht, nichtsdestotrotz habe ich das gefühl, es liegen (mal ganz abgesehen von den unterschiedlichen portraitinszenierungen) welten zwischen der einen und der anderen. und ja, den vorwurf der sentimentalität lasse ich mir gerne machen, zumal es sich hier aufgrund der fehlenden informationen zu der einen um einen unfairen und schrägen vergleich handelt. aber was ich almerisa fragen würde, wüsste ich schon: schonmal was von jane aldridge gehört? und die würde vielleicht sagen: nö, wieso - muss ich die kennen? ich muss zugeben, ich wäre versucht zu erwidern: nö, nicht wirklich.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ein sehr interessanter und nachdenklich stimmender Post.
Deshalb mag ich Deinen Blog so sehr.

Daniel hat gesagt…

ich habe hier stark linkslastige präferenzen.

Anonym hat gesagt…

hast recht. die idee, die beiden mädchenportraits miteinander in verbindung zu setzen ist in der tat "einigermaßen absurd".
eine antwort bist du leider schuldig geblieben. zumindest eine mutige, die nicht versucht gemeinplätze zu umschiffen um sie letztlich doch zu bedienen.
(anyway, ich lese dein blog gerne)

Anonym hat gesagt…

So wie man nichts dafür kann, in Armut groß zu werden, so kann man auch nicht dafür, reich geboren zu sein. Entscheidend ist, was man daraus macht. Vielleicht ist Jane super nett, ein Mensch mit viel Liebe und Tiefgang und Almerisa dies eben nicht...Wir wissen es nicht, denn Fotos können es nicht vermitteln(!)
Schöner Blog

blica hat gesagt…

@anonym: ich weiss darum, dass der vergleich problematisch ist, aber dieser modekokon muss meiner meinung nach einfach manchmal durchbrochen werden, da es eben auch noch ganz andere realitäten neben glamour! und fashion! gibt. die liegen mir persönlich am herzen, weil ich, wie ich schon desöfteren geschrieben habe, ohne "mode" nicht könnte, gleichzeitig das selbstverliebte und eitle an der ganzen geschichte zum davonrennen finde. natürlich habe ich gewisse gemeinplätze bedient und die gefahr, die "gut" und "böse"-kategorien einfach zu verteilen ist nicht vn der hand zu weisen. es geht mir dennoch nicht darum, die wohlhabend aufgewachsene jane als "nicht nett" darzustellen (denn das empfinde ich in diesem zusammenhang als eine nicht relevante kategorie), sondern auf die selbstverständlichkeit, mit der gewisse sätze vor einem gewissen background rausgehauen werden, hinzuweisen und eben eventuell auch als sprechend für eben diesen background zu sehen. so, genug der rechtfertigung, ich freue mich ja eh über kritische kommentare...

smilla hat gesagt…

...wie eine hängengebliebene schallplatte kehre ich seit tagen immer wieder zu diesem post zurück..Viel zu wenig weiss man über almerisa, und weil alle bilder sie auf einem Stuhl sitzend zeigen entsteht irgendwie der eindruck, als hätte sie sich womöglich gar nicht fortbewegt. Das wird natürlich nicht der Fall sein.
Der Vergleich ist ja mehr eine gegenüberstellung. Und das mit den beiden Welten...da tu ich mich schwer, und hab immer die Tendenz widersprechen zu wollen, wenn mir auch gute Argumente fehlen. Denn der offensichtliche Unterschied ist ja nicht abzuleugnen. Aber das Almerisa Jane nicht kennen sollte? Warum?
Vielleicht weil die beiden ganz gut abbilden (könnten) was in der weiten Welt der Modeblogs vonstatten geht; da gibt es die Welt der High-Fashion wo Designer und die teuren neuen coolen Klamotten ganz wichtig sind. Und genau wie du es über dich sagst bin auch ich an Mode interessiert. Die Eindimensionalität ist es was mich aber eben häufig stört. Wenn also eine Jane durch die Welt, beispielsweise nach Marfa, reist, und unter ihren Bildern steht Jacke dings und Schuhe bums... Das ist für mich definitiv zu viel Label-Mode-Quatsch, als gäbs sonst nix wichtiges. Aber, um bei ihrem Besipiel zu bleiben, sie hat ihr Publikum ; 70000 besucher am Tag. Wieso sollte Almerisa da nicht bei sein? Mit dieser "schwierige Herkunft verhindert den Wunsch auch Luxusträume zu haben" tu ich mich schwer. Im Gegenteil, durch all diese Luxusmodepräsenz im Internet werden ja Begehrlichkeiten nicht nur geweckt; es entsteht auch der Eindruck als wäre es ganz wichtig da mithalten zu können. Und das gerade natürlich auch bei Menschen , die da gar nicht die freie Wahl haben, weil arm und reich nicht wegzuentscheiden ist.
Dein Post trifft also bei mir mitten in das Zentrum meiner Überlegungen zu dieser ganzen Modebloggerei.

blica hat gesagt…

@smilla: die versuchsanordnung almerisa = leserin von "sea of shoes" (oder womöglich selbst modebloggerin) wäre natürlich auch denkbar, ich habe in meinem artikel zugegebenermaßen auf die holzschnittartige schwarz-weiss- variante gesetzt. allerdings muss ich hinzufügen: durchaus eben auch, um die leserInnenschaft ein wenig aus der reserve zu locken. zu viele haken zu schlagen mag zwar manchmal etwas cleverer sein, kann dann aber durchaus etwas an "provokation" einbüssen- schliesslich möchte ich ja nicht, dass ihr hier einpennt...

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