zurück in new york- wenn das mal nicht die geeignete kulisse für einen besuch des medial extrem gehypten "the devil wears prada"-konter der us-vogue-chefredakteurin anna wintour war: und tatsächlich, das sunshine in new yorks lower east ist am tag drei nach offiziellem us-kinostart der dokumentation the september issue besetzt bis auf den letzten platz. nicht nur junge hipster, sondern irgendwie alle scheinen erwartungsvoll hinter ihren popkorntüten zu sitzen. was folgt, ist ein solides stück unterhaltung, das die rechnung anna wintours, ihr "eiskaltes image" für einen scheinbaren blick hinter die kulissen der amerikanischen vogue zu werfen, zu nutzen, aufgehen lässt. wer will schliesslich nicht mal eben die vogue-büros am times square betreten haben und anna und grace, die ansonsten vor allem als frontrow-abonnentinnen der grossen modeshows in erscheinung treten, in augenhöhe begegnet zu sein?
die war doch gar nicht so schlimm, die macht doch nur ihren job, war denn auch das erste kommentar meines moderesistenten freundes noch während des laufenden abspannes. und ja, da muss ich ihm recht geben: das beste, was wir zu sehen bekommen, sind wohldosierte sticheleien zwischen den beiden weiblichen platzhirschen am set, anna wintour, der chefredakteurin, und grace coddington, der kreativdirektorin. diese dosen sind allerdings eher als homöopathisch zu bezeichnen: frau wintour, die sämtliche, teilweise auch bereits recht abgegriffene vogue-ausgaben in ihrer adretten wohnung in greenwich village zusammen mit ihrer adretten tochter bee shaffer, die partout nicht in mamas modische fussstapfen treten will, wie andere ihre privaten fotoalben hortet, lässt die kamera zwar in nahaufnahme an sich ran, wahrt jedoch durchgehend distanz. zwar gibt es kleine informationshäppchen über die familie, also vater, journalist bei „the evening standard“ und die anderweitig beruflich erfolgreichen geschwister, aber das wars dann auch schon. so wäre denn ohne grace coddington, die sich - mit roter mähne und fast durchgängig schwarz gewandet - immer wieder ironische bemerkungen über "anna" mit ihrer vorliebe für celebrities und pelz, erlaubt, leider auch verdammt langweilig. obwohl es angeblich sie war, die sich im gegensatz zu frau wintour monatelang sträubte, an diesem filmprojekt teilzunehmen. und obwohl regisseur r.j. cutler innerhalb von acht monaten in den kulissen der vogue 300 stunden filmmaterial beisammen hatte und obwohl das endprodukt nicht von anna wintour autorisiert worden sein soll, liefert der film keinerlei tiefgehendere einblicke. doch was sollte man sich auch erwarten? dass da redaktionsalltag wiedergegeben wird? viel zu unspannend. dass da vogue-geächtete vom leder lassen? mitnichten. dass da ökonomische zusammenhänge offengelegt werden? auch nicht. dass da die eiskalte chefredakteurin über mitarbeiterInnen und designerInnen hinwegfegt? nicht wirklich. nichtsdestotrotz ist zumindest in ansätzen die einflussreiche position wintours erahnbar, wenn sie - übrigens gerne in herrara-blumenkleidern und twinset-jaeckchen durch die büroräume stöckelnd - beispielsweise über stefano pilati`s eilfertige präsentation von vornehmlich schwarzen/ grauen kollektionsteilen gelangweilt die augen verdreht und ihrem ruf gerecht farbe einfordert. da werden also grosse designer plötzlich zu allzusehr bemühten interessenvertretern ihrer marke, die von vogue nicht links liegen gelassen werden wollen. eine frau jedoch hat mich wirklich überrascht: grace coddington. die scheint die einzige zu sein, die sich - allerdings im entsprechenden rahmen - ein wenig widerstand leisten kann. und: diese dame scheint aus fleisch und blut und bleibt mir in erinnerung - denn perfektion kann ja so langweilig sein. so habe ich die aktuelle september issue der us-vogue vor allem ihr zuliebe zur fluglektüre auserkoren: die von coddington verantwortete modestrecke "into the woods" mit natalia vodianova finde ich zwar eher blöd, aber immerhin: ich habe sie gekauft- und das ist für die vogue in zeiten wie diesen sicher nicht unwichtig. also: pr-kampagne september-issue erfolgreich, selbst bei einem recht hartnäckigen fall wie meinereiner.
2 Kommentare:
Spannend beschrieben. Ich hätte mich gewundert, wenn Anna Wintour extra für einen Film ihre kühle Distanz auftaut. Es hört sich so an, als wäre sie einfach so gewesen, wie sie tatsächlich ist.
mal eine andere frage: kann sie aufhören diese perücke zu tragen?
Kommentar veröffentlichen