gestern hat jan kedves hier die ard-sendung neues aus dem kleidermarkt von antonia hilke erwähnt. ein passender anlass, eine von frau hilke übertragene paris-modenschau auf youtube genauer anzuschauen. doch nicht nur das. als schreibende interessiert mich neben dem laufenden bild des fernsehbeitrages natürlich auch: wie wurde 1984 einem breiten publikum mode überbracht? mein fazit: man war um aufklärung der zuschauerInnen bedacht - und zwar immer schön langsam. so sprach also antonia hilke vor gut 27 jahren in einem neunminüter im deutschen fernsehen über die kollektionen von sonia rykiel und issey miyake während der pariser modenschauen:
wir sind hinter der bühne bei einem anderen fels in der
brandung sonia rykiel. diese erstaunliche frau hat es über 20 jahre lang fertig
gebracht, keinen zentimeter von ihrem stil abzuweichen und trotzdem brandneue
maschen zu stricken. und die sind eine klasse für sich, auch wenn nur so
genannte klassefrauen wirklich toll darin aussehen. auch relativ ungeübte
fernsehzuschauer werden ihre handschrift sofort erkennen, wenn sie nur eine
ihrer kollektionen schon mal gesehen haben.
falls die schlauchengen röcke an
den beinen kleben und hoch rutschen, da hilft haarspray!
- show rykiel -
ja, die fabelhafte sonia rykiel, sie macht nicht nur gute
mode, sondern auch witzige, gut gelaunte shows.
draußen in den pariser tuilerien vor den showzelten war vor allem schwarz und punkiges angesagt. wie im film- und musikgeschäft hat auch die modebranche ihre groupies. sie gehören zu der winzigen, kaum fünf prozent konsumentenschicht, die neue moden sofort und geradezu süchtig mit macht. die nächsten fünfzehn prozent sind schon vorsichtiger, sie machen erst ein halbes jahr später mit. sechs monate später folgt der nächste schub usw. das schlusslicht – die leute, die abwarten und tee trinken und sich bedeckt halten im wahrsten sinne des wortes. von denen kann die branche nicht leben. was den ersten jetzt hoffnungslos altmodisch vorkommt, macht den letzten vielleicht doch noch appetit. ausgefallene kleidung in paris ehrensache. aber manager und einkäufer aus den großen internationalen warenhäusern würden lieber tot umfallen, als im seeräuberlook in die nächste show zu drängen. in der werden sie gleich nicht nur mode, sondern auch eine super inszenierung von stoffen und silhouetten sehen. der designer issey miyake, japaner, versteckt seine models unter masken - in der hoffnung, dass kein süßes gesicht von seiner herben kleiderkunst ablenkt.
- show miyake -
das war also der japaner issey miyake. er zeigt seine kollektionen schon seit 12
jahren in paris. in japan übrigens läuft seine show vor 80.000 zuschauern (…). das
einzige, was vielleicht gegen den japanischen designer zu sagen wäre: es fehlt
ihm an humor. denn der passt so gar nicht zu den martialisch besessenen dampfwalzen
aus dem osten.
hier ist das video in voller länge anzusehen.
5 Kommentare:
(frau blica, was ist eigentlich mit ihrer leertaste?)
oh jeh, sehe ich, was ihr nicht seht? (oder andersrum?)
Der Sendung habe ich als Teenager entgegengefiebert! Die leise Ironie und den Humor (und das Fachwissen natürlich) könnten wir heutzutage in der Modeberichterstattung gut brauchen.
(im Reader sehe ich kaum Leerzeichen, hier auf der Seite sind sie da)
Sehr interessant!
Mode wurde damals halt noch als Kulturgut betrachtet und war den Sender 'kostbare' Sendezeit wert. Heute ist weder Platz für Mode noch für Kunst. Und auch die Literatur verschwindet zusehens aus dem Programm.
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