wenn es um mode geht, lohnt es sich, manchmal nicht zur vogue zu greifen, sondern vielleicht lieber mal zur spex. da gibt es dann schön unaufgeregtes zu entdecken. und außerdem tolle lange modeinterviews, die gerne von jan kedves geführt werden. grund genug, ihn mal zu den modeseiten der spex zu befragen - und das in einer fürs onlineformat ungehörigen länge.
ihr räumt der mode in der spex ziemlich viel raum ein - nicht nur visuell im rahmen einer modestrecke, sondern gerne in verbindung mit langen interviews. welchen stellenwert hat mode für dich (innerhalb des heftes)?
Mode gehört seit jeher zur Popkultur, schließlich geht
fast jeder neue Musikstil einher mit einer bestimmten Art sich zu
kleiden. Deswegen ist Mode in einem Heft wie Spex, das zwar
traditionell aus der Musik kommt, aber sich nicht nur auf sie
beschränken will, natürlich ein sehr wichtiger Bestandteil. Zwar finden
– wie uns hin und wieder Leserbriefe sagen – nach wie vor einzelne
Spex-Leser die Modeseiten überflüssig, vermutlich aus dem alten
Verdacht heraus, Mode sei ›oberflächlich‹, oder aus einem immer noch
wirksamen 90er-Indie-Reflex heraus (»Wir tun so, als würden wir uns
nicht stylen, deswegen stehen wir über der Mode«). Aber ansonsten
überwiegt das positive Feedback von Lesern, die gerade die
Ausführlichkeit und Unaufgeregtheit des Modeteils schätzen.
du führst gerne interviews, die im modebereich in dieser ausführlichkeit rar gesät sind. was reizt dich so an diesem format?
Am Format des Interviews reizt mich die Unmittelbarkeit des
gesprochenen Wortes, an der Ausführlichkeit eben genau diese. Denn
meist beschränken sich Interviews im Modebereich doch auf die schnellen
›5 Fragen an‹-Formate, die ich fast nie befriedigend finde, denn es
wirkt häufig so, als hätte entweder der/die Interviewer/in Angst vor
Tiefgründigkeit, oder als würde dem/der Interviewten erst gar keine
Reflektiertheit zugetraut. Tatsächlich ist es aber immer wieder
erstaunlich, wie schnell tollste anderthalb Stunden Interviewband voll
sind, wenn Rick Owens über den Einfluss des elterlichen Bücherschranks
auf seine Kollektionen spricht, wenn Zaldy von seiner
Kostüm-Zusammenarbeit mit Michael Jackson erzählt, oder wenn Robb Young
erläutert, warum Frauen es in der Politik nach wie vor viel schwerer
haben, sich ›passend‹ anzuziehen, als Männer.
das neue visuelle gewand der spex ist seit dieser ausgabe kleinteiliger geworden. mit "Mehr Luft, mehr Spiel, mehr Perspektiven" beschreibt ihr das im editorial. zur konsequenz hat das, dass die bildbausteine beispielsweise im interview mit robb young das geschriebene sehr schön ergänzen. eine annäherung an die klick- und verlinkungskultur im internet?
Ob es eine bewusste Annäherung an die Verlinkungskultur
ist, vermag ich nicht zu sagen, jedenfalls haben wir während der
Vorbereitung des Grafikrelaunchs redaktionsintern nicht auf diese Weise
darüber gesprochen. Vielleicht müsste man dazu nochmal gesondert
unseren neuen Art Director Andreas Wesle befragen. Dass Bilder und Text
nun freier und flexibler gesetzt sind, hat auf jeden Fall damit zu tun,
dass das vorherige Layout von Mario Koell, der uns im Dezember
verlassen hat, teils doch recht statisch war und sehr ›ernsthaft‹
anmutete. Das war in den letzten drei Jahren häufig auch toll, aber nun
hatten wir das Bedürfnis, mehr Bewegung auf die Seiten zu bringen.wo ist deiner meinung nach modeberichterstattung (im deutschsprachigen raum) noch spannend?
Namen
von Magazinen, Blogs oder Sendungen aus dem deutschsprachigen Raum kann
ich hier ehrlich gesagt nicht nennen. Mit wie wenig man sich inzwischen
zufriedenzugeben bereit ist, was Modeberichterstattung angeht, wird
einem ja bisweilen klar, wenn man auf Youtube mal wieder über einen
Clip aus der früheren ARD-Sendung »Neues vom Kleidermarkt« mit der tollen Antonia Hilke stolpert. Da waren GEZ-Gebühren noch besser
angelegt! Beim englischsprachigen Magazin Vestoj finde ich sehr
interessant, wie es sich Mode aus theoretischer und philosophischer
Perspektive nähert. Grundsätzlich ist Modeberichterstattung immer da
interessant, wo Mode ernstgenommen wird und nicht nur zu
Anzeigenverkauf oder visuellem Pepp herhalten muss.
* das modeinterview in der aktuellen spex führte jan kedves mit modejournalist robb young, autor des buches Power Dressing - First Ladies, Women Politicians & Fashion.
4 Kommentare:
sorry, dass ich das so pessimistisch sehe, aber: ich glaub, die spex hat sich nur einen modeteil genehmigt, um mehr anzeigen zu generieren. selbiges unterstelle ich auch der de:bug. unabhängig davon, wie gut/schlecht die redakteure und fotostrecken sind.
Das Buch "Power Dressing" ist übrigens prima. Wollte ich auch noch rezensiert haben (wie so vieles).
@gerlinde, ...allerdings gibt es den modeteil ja schon länger. und wenn das so ist, dann in diesem falle mit einem lesenswerten ergebnis - finde ich.
@julia, :)
das neue SPEX-layout sieht aus wie ein verzweifelter hilfeschrei. ganz ganz erbärmlich. hoffentlich ändert sich das bald wieder.
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